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ABC

Alltagsrassismus

Der Begriff «Alltagsrassismus» verweist darauf, dass es nicht nur hetzerischen und aggressiven Rassismus gibt, gegen den sich das liberale Bürgertum mit Hinweis auf strafrechtliche Regelung abgrenzt. Es gibt auch einen salonfähigen, eben alltäglichen Rassismus, weil Menschen, die sich in kollektive Identitäten versteifen, das «Andere» als etwas Minderwertiges brauchen, um sich ihrer selber zu vergewissern. So wachsen die Meisten in Gesellschaften auf, in denen Episteme und Verhaltensweisen als normal gelten, die gewisse Menschen diskriminieren.

Alltagsrassismus tritt meist in scheinbar harmlosen Witzen, Gesprächen, Blicken, Handlungen auf. Er bezieht sich auf Stereotype und Essenzialisierung eines «Anderen», wenn also eine Einzelperson anhand einer wie auch immer vorgestellten «kollektiven Identität» abgewertet wird. Rassifizierte Menschen betonen oft, dass Alltagsrassismus für sie nicht weniger verletzend ist, als offen rassistische Beleidigungen. Für Menschen, die nicht davon betroffen sind, bleibt er hingegen oft unbemerkt.

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Anti-Schwarzen-Rassismus

Rassismus gegenüber Schwarzen ist eine spezifische Form des Rassismus (wie auch Islamfeindlichkeit oder Antisemitismus), da er über eine einzigartige historische Dimension verfügt. Frühe explizite Diskriminierungen und Stigmatisierungen finden sich unter anderem in der Bibel.
Der eigentliche Anti-Schwarzen-Rassismus ging aber aus der Abschaffung der Sklaverei hervor. Die Schwarze Sklavenklasse der frühkapitalistischen Plantagenwirtschaft wurde ins Proletariat der Neuen Welt eingegliedert, aber als «andere» zur «weissen» Kultur abgegrenzt. Gestützt wurde diese rassifizierte Klassengesellschaft von damals als wissenschaftlich geltenden, biologischen Erkenntnissen; beispielsweise in der Phrenologie, einer (Pseudo-)Wissenschaft, die davon ausging, dass die Form des Kopfes den «Charakter» einer Person verrät. Einige Vertreter der Phrenologie wollten darin die Überlegenheit der «weissen Rasse» bestätigt sehen. Für die Plantagenbesitzer hatte dies den willkommenen Effekt, dass der Gründungsmythos der amerikanischen Siedler nicht angerührt wurde und Bündnisse unter den Ausgebeuteten erschwert wurden.

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Antikolonialismus

Antikolonialismus umfasst jegliche Art von Widerstand gegen Kolonialismus, koloniale Politik und koloniale Praktiken. Dieser kann von einer formulierten Kritik bis zum bewaffneten Kampf reichen.

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Der Begriff Dekolonisation bezeichnet den staatsrechtlichen Moment bzw. die geschichtliche Epoche der politischen Unabhängigkeit ehemaliger Kolonien. Unter Dekolonisierung wird ein umfassender und zeitlich breiterer Prozess der Auflösung kolonialer Verhältnisse und Denkstrukturen in allen Bereichen verstanden (z. B. Wirtschaft, Kultur, Wissenschaft). Dieser Prozess ist heute noch keineswegs abgeschlossen, wie beispielsweise Auseinandersetzungen um koloniale Sammlungen in europäischen Museen oder die Benennung von Strassennamen in Städten immer wieder zeigen.

DEFG

Exotismus

Exotismus bezeichnet ein Bündel an sprachlichen und epistemischen Projektionen eigener Entfremdung in ein «Anderes», das nicht als Teil der eigenen Zivilisation wahrgenommen wird. Eine der wichtigsten Projektionen ist die romantisierte Naturverbundenheit von Gesellschaften des globalen Südens. Per «Othering» wird eine zivilisatorische Differenz zwischen globalem Norden und Süden behauptet, worin die Entfremdung zur Natur in der bürgerlich-kapitalistischen Zivilisation in ihr Gegenteil verkehrt und vermeintlich besonders unverdorbenen, naturverbundenen «Völkern» zugeschrieben wird. Die historisch wohl prägendste Figur ist der «edle Wilde». Andere zentrale Projektionen sind die Verkehrung der bürgerlichen Prüderie in die Schwarze Frau als Naturschönheit sowie die sexuelle Potenz und Triebhaftigkeit des «Anderen». Eine solche Exotisierung kehrt heute - als negative Projektion - unter anderem in der rassistischen Hetze gegen Geflüchtete wieder. Unter der pseudofeministischen Vorgabe, weisse Frauen vor sexuellen Übergriffen zu schützen, wird gegen vermeintlich triebgesteuerte Nicht-Europäer und für repressive Migrationspraxis Stimmung gemacht.

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Essenzialisierung

Essenzialisierung bezeichnet hier den kulturellen (sprachlichen) Prozess, der einer individuellen oder kollektiven Identität eine Essenz zuspricht, und diese damit absolut ab- und einschliesst. Die Essenz ist das unveränderliche, vermeintlich «wahre Wesen» einer Person oder einer Gruppe. Identität wird so ihrer Eigenschaft beraubt, dynamisch, widersprüchlich, temporär, kurz: frei zu sein. Rassismus ist eine Art, einer kollektiven Identität eine Essenz zuzuweisen, um diese als minderwertig festzuschreiben. Essenzialisierung kann so als kulturelle Bedingung von Rassismus verstanden werden.

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Dekolonisierung

Dekolonisation benennt einen umfassenden Prozess der Auflösung kolonialer Verhältnisse und Episteme in allen Bereichen (z. B. Wirtschaft, Kultur, Wissenschaft). Im engeren Sinn bezeichnet er den staatsrechtlichen Moment bzw. die geschichtliche Epoche der Unabhängigkeitsbestrebungen ehemaliger Kolonien. Analysen der postkolonialen Gesellschaften zeigen jedoch deutlich, dass dieser Prozess noch keineswegs abgeschlossen ist. Dekoloniale Aktivitäten haben nichts an Aktualität eingebüsst.

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Globaler Süden

Der «globale Süden» ist ein Begriff, der koloniale und postkoloniale Verhältnisse geografisch zu fassen versucht. Bis heute bestehen zwischen Ländern des globalen Südens und des globalen Nordens Verhältnisse, welche koloniale Abhängigkeiten und Privilegien verfestigen. Die pauschale Aufteilung in Norden und Süden ist eine Vereinfachung spezifischer Dynamiken zwischen einzelnen Staaten und Akteuren. Nur schon am Beispiel Südafrika liesse sich zeigen, dass die Bruchlinien kolonialer Abhängigkeiten mit der pauschalen Nord-Süd-Aufteilung nicht haltbar ist.
Die Vereinfachung wird aber dadurch relativiert, dass der Begriff die Globalisierung der kapitalistischen Produktionsweise mit ihren Zentren und Peripherien betont, die überall nach vergleichbarer Logik Gesellschaftsverhältnisse installiert und festigt. Während der Begriff also für geografisch und zeitlich weitreichende Aussagen durchaus nützlich ist, muss er im Einzelfall auf seine Angemessenheit geprüft werden.

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Eurozentrismus

Der Begriff Eurozentrismus benennt eine Perspektive, die nichteuropäische Gesellschaften unter der Vorannahme bewertet, dass sich die westlichen Gesellschaften (Europa, Nordamerika) in ihrer Entwicklung - oft unter dem Stichwort der Zivilisation gefasst - in einem begehrenswerten und anzustrebenden Zustand befinden. Jede nichteuropäische Gesellschaft wird so explizit oder implizit abgewertet. Im umgekehrten Fall geht die scheinbar positive Wertung oft mit einer Romantisierung und Exotisierung der nichteuropäischen Gesellschaften einher, beispielsweise in einer romantisierten Darstellung der Naturverbundenheit.

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«farbig»

«Farbig» ist eine unzutreffende, koloniale und abwertende Bezeichnung, die eng mit der Geschichte der Rassentrennung verbunden ist. Der Begriff konstruiert eine Differenz zwischen einem normalen «Weiss» und einem davon abweichenden «Farbig». Die Macht der Norm besteht darin, dass sie nicht explizit bezeichnet werden muss. Sie entsteht implizit durch die Bezeichnung des Abweichenden.
Aus dem anglo-amerikanischen Raum verbreiteten sich für Menschen, die gemeinsame, rassistische Erfahrungen teilen, die Bezeichnungen PoC (People of Color), BPoC (Black and People of Color) und BIPoC (Black, Indigenous and People of Color).

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