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Völkerschauen auf der Luzerner Allmend

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Wo noch heute Vergnügungsparks und Messen mit Spektakeln locken, präsentierte bis in die 1960er-Jahre der Zirkus Knie alljährlich eine „Völkerschau“.

„Eine Riesensensation“, ja, absolut „sehenswert“ seien sie und bietenböten eine „einmalige Atmosphäre“ für Jung und Alt. Mit diesen Worten pries der Schweizer Zirkus Knie im letzten Jahrhundert nicht nur seine Braunbären und Tigerbabys an. Nein, als „neue Sehenswürdigkeit“ und durchaus „lehrreich“ bewarb er auch die ausgestellten Menschen:. Die „Völkerschau“ gehörte beim grössten Schweizer Zirkus ab den 1920er-Jahren bis Mitte der 1960er-Jahre zum festen Programm. So auch auf der Luzerner Allmend, wo das bunte Zelt alljährlich das Publikum in Scharen anlockte.

Abbildung 1: Inserat von Zirkus Knie im Nidwaldner Volksblatt am 2. Juli 1932.

Abbildung 2: Inserat von 1934 im Nidwaldner Volksblatt, das auch die neue "Tier- und Völkerschau" bewirbt.

Abbildung 3: Zirkus Knie bewirbt 1955 im Nidwaldner Volksblatt den Programmpunkt "Afrika ruft" mit einer "Sitten- und Völkerschau".

Völkerschauen, auch human zoos genannt, waren die kommerzielle Zurschaustellung von exotisierten und als fremd empfundenenr Menschen. Allen voran aus afrikanischen Ländern oder Indien wurden ab Mitte des 19. Jahrhunderts Menschen nach Europa gebracht, um sie in Zoologischen Gärten und Zirkussen als populäre Attraktion vorzuführen. In der Schweiz war es der noch heute sehr erfolgreiche Zirkus Knie, welcher die meisten Völkerschauen veranstaltete. 

In der Stadt Luzern zum Beispiel in den ersten Augusttagen im Jahr 1955. Hunderte von Besucher:innen mussten sich unter den farbigen Zeltplanen auf der Luzerner Allmend zusammengefunden haben. Nicht nur, weil der Himmel über Luzern immer wieder mit kräftigen Gewitter- und Regenschauern überraschte. Bereits Wochen zuvor inserierte der Zirkus Knie beinahe täglich seinen Programmpunkt „Afrika ruft“ in den lokalen Zeitungen. Kinder konnten für Für 75 Rappen, Erwachsene für 1.50 Franken  konnten Kinder (1.50 Franken für Erwachsene) tagsüber „wilde Tiere“ wie Löwen und Panther in ihren Käfigen bestaunen. Im Eintrittspreis zur Menagerie inklusive: Die Ausstellung der „*N-Wort* aus dem Sudan“ mit einer „Sitten- und Völkerschau“. Diese Schauen waren ein populäres Massenphänomen – davon zeugt auch ihre prominente Platzierung in den Inseraten des Zirkus.
Zwei Jahrzehnte zuvor, 1932, bewarb der Zirkus mit dem Titel „*N-Wort*-Sensation“ die Akrobatik-Nummer des Marokkaners Salem Ben Faragi. 1934 listete Knie „Mohamedaner, Inder, Afrikaner, Fakire, Schlangentänze, Götzen- und Tempelrythmen“ in seiner Völkerschau. 1947 warb er mit „Inder[n] aus dem Elefanten-Reservat Ceylon“, die ihre „Volksbräuche“ präsentieren. UndOder 1958 stellte Knie in Luzern „echte Cowboys und Indianer in einem Original-Texas-Rodeo“ zur Schau.
Die Völkerschauen mitgeführten Menschen waren eine dienten als wichtige Einnahmequelle für die Zirkusse. Und wenn die ausgestellten Menschen Wenn sie in der grossen Abendvorführung noch eine Zirkusnummer in der Manege aufführtenzu präsentieren hatten, verdiente das Unternehmen gleich doppelt an ihnen.

Die meist nicht-weissen Menschen galten als ‚Ausstellungsobjekte‘, die es zu betrachten, bestaunen, begaffen, ja, auch zu belächeln galt. Der Zirkus inszenierte sie als edle oder gefährliche ‚Wilde‘ und führte sie gemeinsam mit ‚exotischen‘ Tieren der schaulustigen Menge vor. Die Besucher:innen konnten sich so ihrem Status als vermeintlich zivilisierte, überlegene Europäer:innen versichern. Die Völkerschauen – ob in Zirkussen oder Zoologischen Gärten – demonstrierten eine Dominanz Europas über die Kolonialgebiete.
Es lässt sich nur mutmassen, wie kräftezehrend diese täglichen Vorführungen einstudierter „Volkstänze“ gewesen sein mussten und welche Spuren die gierigen Blicke auf die zumeistteilweise rassistischen Kostümierungen hinterliessen. Bekannt istEs ist bekannt, dass die human zoos in Europa viele Tote forderten. Die Menschen litten an körperlicher Überbelastung und unter den schlechten hygienischen Bedingungen und an körperlicher Überbelastung. Rassistische Anfeindungen waren üblich und, während vor allem Frauen immer wieder sexualisierten Übergriffen durch Zuschauer:innen ausgesetzt waren. 

Erst Mitte der 1960er-Jahre – im internationalen Vergleich äusserst spät – stellte der Zirkus Knie den Programmpunkt „Völkerschauen“ ein. Noch heute tourt er alljährlich durch die Schweiz, auch mit Zwischenhalt auf der Luzerner Allmend. Eine ‚Erfolgsgeschichte‘, die auch auf Kosten der mitgeführten und ausgestellten Menschen ging.

Völkerschauen auf der Luzerner Allmend
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